Die «Antideutschen» sind einem langen Diskurs entsprungen und nicht leicht zu verstehen
Sie sind auf allen Pro-Israel-Kundgebungen, sie waren da, als der iranische Präsident Ahmadinedschad angeblich das WM-Spiel Iran-Mexiko besuchen sollte und es doch nicht tat, sie passen immer gut auf - auf Israel, aber in Deutschland. Sie sind kaum greifbar, meiden mehrheitlich die Öffentlichkeit, fühlen sich unverstanden, haben keine Namen. Sie sind deutsch und gegen Deutschland, links aber für Amerika und vor allem Israel, die «besseren Israelis» oder die «falschen Freunde Israels» wie es wahlweise in der Presse heißt. Sie sind vor allem schwer zu erklären - die Antideutschen. Selbst Justus Wertmüller, Herausgeber des seit 1992 dreimal jährlich erscheinenden Magazins «Bahamas - Berliner Zeitung für das antideutsche Spektrum», kann das eigene Anliegen nicht in kurze Worte fassen. Er muss dazu weit ausholen und zurückgreifen in der Geschichte, von Kolonialismus und Imperialismus über das Dritte Reich zur jüngeren deutschen Vergangenheit, der Wiedervereinigung.
Der Diskurs
Ganz offensichtlich ist hier etwas ziemlich theoriebelastet, muss einem langen Diskurs entsprungen sein. Tatsächlich - die Kritische Theorie Adornos wird da als Anfang genannt, die marxistische Linke, die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit. Und dann ist da eine lange und unübersichtliche Geschichte der linken Szene in Deutschland, die sich immer weiter spaltete, in den Haaren lag, weiter spaltete.
Antinational war die linke Szene immer, einige ihrer Vertreter mehr als andere. Manche meinten, Nationalismus und Faschismus seien besonders dem deutschen Wesen eigen, und sahen in der Wiedervereinigung den Auftakt zu einer neuen deutschen Großmachtpolitik, zu neuem Nationalsozialismus, gar zu einem vierten Reich. Die Euphorie über die deutsche Einheit verschliff ihrer Meinung nach die Geschichte und die Verbrechen durch den Antisemitismus. Der Bundesrepublik sprachen sie daher das Existenzrecht ab. Ihre Maxime wurde die uneingeschränkte Solidarität mit Israel. Sie wurden als antideutsch bezeichnet und fühlten sich damit in guter Gesellschaft. «Wer während der letzten hundert Jahre als antideutsch kritisiert wurde, war meist ein ehrenwerter Mensch», sagt Wertmüller und verweist auf Propagandaminister Josef Goebbels, der Oppositionelle so bezeichnete. Zum Jahrestag des Bombardements von Dresden wünschten sich die Antideutschen erneuten Bombenhagel auf die Stadt: «Bomber Harris, do it again» skandierten sie bei dieser Gelegenheit. Sie wittern deutschen Nationalchauvinismus und Antisemitismus bei Günther Grass, bei Martin Walser, bei Kriegsgegnern. Als Extremisten werden sie daher bezeichnet, als Hardcore-Ideologen. Der 11. September sorgte für weitere Verwirrung in der linken Szene. War das nun islamische Barbarei oder antikapitalistischer Widerstand gegen den Westen? Die Antideutschen fanden ersteres klar zutreffend und begeisterten sich für Amerikas Reaktion, für die Kriege in Afghanistan und dem Irak. Sie erkannten darin eine Parallele zum antifaschistischen Kampf der Alliierten. Die kritische Haltung der Deutschen zum Irakkrieg kam für sie einem Verbünden mit dem Islamismus gleich, Kriegsgegner waren ihnen gleich Antisemiten. So viel Konstruktion erntet nicht immer Verständnis.
Die Kritiker
Links aber pro-Amerika, ein klassischer Widerspruch. Auf die Bahamas sollten sie auswandern, schlug man den Antideutschen in linksinternen Auseinandersetzungen angeblich vor. Das antideutsche Magazin «Bahamas» soll so seinen Namen erhalten haben. Der Verfassungsschutz beschäftigt sich mit den Antideutschen als Vertretern des linksextremistischen Spektrums. «Sie vertreten ein kommunistisches Weltbild und koppeln eine uneingeschränkte israel-solidarische Haltung mit einer strikten Islamfeindlichkeit. Nach ihrer Überzeugung gilt Israel als der Idealstaat ... (sie) fordern die sofortige Auflösung des deutschen Staates», heißt es dort auf Anfrage. Laut Wertmüller solidarisieren sich die Antideutschen in ihrer Islamablehnung wiederum mit der muslimischen Frau, die von Patriarchen und Kopftuch unterdrückt sei. Laut Verfassungsschutz nutzen Antideutsche die israelische Flagge auf Demonstration, um pro-palästinensich eingestellte Teilnehmer zu provozieren. Vorwürfe von extremem Rassismus redet Justus Wertmüller herunter, er redet viel, redet ohne Pause, redet, als müsse er sich ins Recht reden. Nun bringt der Libanon-Konflikt ein neues Dilemma. Israels militärische Aktionen haben die Antideutschen euphorisiert, jetzt droht durch deutsche Truppenentsendung wieder großimperialistisches Gehabe des verhassten Staates. Zur antideutschen Haltung herrscht ein harter Schlagabtausch in den Medien der linken Szene. Dabei wirken die Antideutschen hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt, losgelöst von der Welt. Passend lautet der Titel einer ihrer Publikationen «Phase 2 - Zeitschrift gegen die Realität». «Für das antideutsche Sektenbewusstsein scheint der eigene Bauchnabel die Welt», sagt Autor Robert Kurz. Mit seinem Buch «Die antideutsche Ideologie» wollte er «die Weltpolizei-Ideologie» der Antideutschen von der Kritik des Antisemitismus und des Islamismus trennen und den Kampf gegen den Antisemitismus in den Kontext einer globalen Krisenentwicklung stellen. Für ihn zeigt bereits der paradoxe Name, „dass es sich um eine sehr deutsche Angelegenheit handelt. Die Antideutschen erklären jede soziale Kritik und Bewegung per se als «antisemitisch»... sie wollen gar nicht im Sinne eines Kampfes gegen den Antisemitismus auf die Gesellschaft einwirken, sondern in ziemlich deutscher Manier nur 150-prozentige Anhänger sammeln und sich als heroische, einsame Instanz imaginieren. Leider sind in den letzten Jahren verstärkt junge Leute in die Szene geraten, die meisten haben weder den Kalten Krieg noch die Wiedervereinigung erlebt!»
(Anti)deutsch
Aufgrund des Libanon-Konfliktes habe man plötzlich wieder viel Beachtung, Justus Wertmüller nervt das. Warum, wenn er doch die Welt ändern will? Doch die Antideutschen suchen die Öffentlichkeit nicht. Sie sind bundesweit nicht fest organisiert, lediglich verbunden in Gesinnung. Die Auflage des Bahamas-Magazins ist klein, die Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes dazu unproportional groß - das sieht Wertmüller als Erfolg. Die Antideutschen ändern die Welt lieber aus dem Hintergrund heraus. Sie publizieren in «Konkret», in «Jungle World», oder «T-34», ein Magazin benannt nach einem sowjetischen Panzertyp, mit dem die Rote Armee schließlich Hitler-Deutschland besiegen konnte. Impressi sind zuweilen nicht leicht zu finden, Kontakt-Emails unverbindlich allgemein und Gesichter selten. Justus Wertmüller ist einer der wenigen, der sich äußert, auch nur am Telefon, eigentlich spricht auch er nicht mit Zeitungen. Wie man dazu kommt, sich ziemlich verbissen einem Kampf zu verschreiben, bei dem einen die halbe Welt für verrückt hält, was die Antideutschen persönlich treibt, alle Energie in ihren ungebetenen Kampf für Israel und nicht etwa in Umweltschutz oder Briefmarkensammeln zu stecken, darüber halten sie sich bedeckt. Inzwischen sind die Antideutschen durchaus salonfähig. Für eine Diskussion zum Kampf gegen die Hisbollah etwa gewannen sie im vergangenen August den außenpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Eckart von Klaeden sowie Michel Friedman, den früheren Vize im Zentralrat der Juden, ebenfalls CDU. Dafür hat Jürgen Elsässer, Journalist der «Jungen Welt» und ehemals selbst Vertreter antideutscher Auffassung, inzwischen wenig Verständnis. Die Vertreter der Antideutschen hätten Karrierechancen gewittert, schreibt Elsässer, sie näherten sich immer mehr den amerikanischen Neocons an und instrumentalisierten Auschwitz so kaltschnäuzig wie diese.
Die Wirkung
Wie wirkt es, wenn Deutsche sich ungefragt zu den Watchdogs Israels machen? „Peinlich" meint Autor Robert Kurz. Israel müsse als jüdischer Staat verteidigt werden, das stehe außer Frage. Den Antideutschen ginge es allerdings um eine eigene Identitätspolitik, sie wollten die besseren Israelis sein. Sie sähen sich als moralische Instanz, vor der die Welt sich rechtfertigen müsse, einschließlich kritischer Israelis selbst.
Valeria von Machlevski
Quelle: http://www.j-zeit.de/archiv/artikel.296.html
Mittwoch, 2. Juni 2010
Israels Linke appelliert an deutsche Linkspartei
In einem offenen Brief an DIE LINKE forderen heute, am 26.3.2010, mehr als 100 israelische AktivistInnen als Voraussetzung für die Durchsetzung einer friedlichen und solidarischen Lösung des Konflikts in Israel/Palästina eine solidarische und linke Politik.
Leicht gekürzt aus der JW: http://www.jungewelt.de/2010/03-27/05...
Volltext bei indymedia: http://de.indymedia.org/2010/03/27679...
Text aus der Jungen Welt: Über 100 linke Israelis haben am Donnerstag in einem offenen Brief die deutsche Linkspartei zu einer solidarischen Politik als Voraussetzung für die Durchsetzung einer friedlichen Lösung des Konflikts in Israel/Palästina aufgefordert. Zu den Unterzeichnern gehören Universitätsprofessoren, prominente Feministinnen, Wehrdienstverweigerer und Künstler. Wir dokumentieren das Schreiben mit unwesentlichen Kürzungen.
Liebe Genossinnen und Genossen, diesen Brief schicken wir Euch als israelische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die in linken Gruppen und Organisationen in Israel/Palästina aktiv sind. Diese befassen sich mit Themen wie Menschenrechten, Ökologie, Frieden, Flüchtlingshilfe, soziale Gerechtigkeit, Arbeiterrechten, Feminismus und queeren Kämpfen. Wir setzen uns in unserem Land und in unserer Gesellschaft für eine grundlegende soziale Veränderung ein, für das Ende der Besatzung und die Schaffung einer Gesellschaft, in der alle Bewohnerinnen und Bewohner des Landes gleiche Rechte genießen.
Wir haben uns zu diesem Brief entschlossen, nachdem uns wiederholt Berichte über Aktivitäten Eurer Partei bezüglich der Situation in Israel/Palästina bekannt wurden, so die Teilnahme von führenden Mitgliedern Eurer Partei an einer Demonstration im Januar 2009 in Berlin, auf der die Weiterbombardierung des Gazastreifens gefordert wurde; das Bestehen und die Akzeptanz eines Bundesarbeitskreises in der Jugendorganisation Eurer Partei (BAK Shalom), der jedes militärische Vorgehen des Staates Israel unterstützt und militaristische und nationalistische Propaganda betreibt; schließlich das Schweigen der Mehrheit der führenden Parteimitglieder zur israelischen Besatzungspolitik. All das hat uns bewogen, unsererseits nicht länger zu schweigen, sondern zu intervenieren.
Die Problematik einer solchen Intervention ist uns bewußt. Wir haben nicht die Absicht, Euch vorzuschreiben, wie Ihr in Eurem Land zu agieren und Euch zu äußern habt. Wir wissen, daß der Diskurs über Israel in Deutschland aus nachvollziehbaren und gewichtigen Gründen ein sensibles Thema ist. Die Mahnung an den Holocaust und der auch heute in Deutschland gebotene... gegen den Antisemitismus gehören zu den wichtigsten Aufgaben jeglicher emanzipatorischen Bewegung. Nicht trotz, sondern gerade aufgrund dieser Tatsache fällt es uns schwer nachzuvollziehen, wie man die israelische Besatzungspolitik in Deutschland als Teil der »Lehren aus der deutschen Geschichte« rechtfertigen kann.
Dienstag, 1. Juni 2010
Der „antideutsche“ Neokonservatismus als Klassenkampf von oben
Der „antideutsche“ Neokonservatismus als Klassenkampf von oben
Eine Veranstaltung der Tierrechts-Aktion-Nord (TAN)
TAN - Hamburg
„Dieses Verständnis des Kapitalismus ist verkürzt und damit strukturell antisemitisch“ – so oder ähnlich klingt es immer öfter aus den Reihen der linken, autonomen und Antifa-Szene, wenn Kritiker der kapitalistischen Ausbeutungsordnung die Profiteure dieser Ordnung beim Namen nennen. Kapitalismus, heißt es dagegen aus der Szene, sei ein „abstraktes System“, in dem es Kapitalisten gar nicht gebe. Wer das trotzdem behaupte, personifiziere das „apersonale“ System Kapitalismus – wer von „Kapitalisten“ rede, meine eigentlich „die Juden“. Antikapitalismus und Antiimperialismus werden so als „antisemitisch“ diskreditiert.
Der „antideutsche“ Neokonservatismus als Klassenkampf von oben
Wo immer Menschen gegen kapitalistische Ausbeutung aktiv werden, sehen sie sich mit (Verbal-)Attacken und Denunziationen konfrontiert. Gewerkschaftliche Aktionen für die Regulierung der Finanzmärkte werden ebenso unter Antisemitismusverdacht gestellt wie zuletzt die Demonstration zum Revolutionären 1. Mai in Hamburg, auf der der Kampf zwischen Kapital und Arbeit – Klasse gegen Klasse – im Mittelpunkt stand.
Weil die Theoretiker der „verkürzten Kapitalismuskritik“ ihre Traktate mit marxistisch klingenden Begriffen garnieren, wirkt es oft so, als handele es sich um eine linke Kritik an rechten Tendenzen. Aber in Wahrheit richtet sich diese Kritik am Antikapitalismus – entstanden in der „antideutschen“ Szene – gegen die Linke und die Arbeiterbewegung. Sie ist eine Spielart neokonservativer und antikommunistischer Herrschaftsideologie, die der „Barbarei“ sozialistischer Politikmodelle die „Freiheit der Märkte“ gegenüberstellt. Sie ist Klassenkampf von oben.
Auf unserer Veranstaltung werden beispielhaft Strategien der „antideutschen“ Neokonservativen erläutert und ihre antilinken Kampagnen diskutiert. Es wird aufgezeigt, wie und mit welchen Mitteln linke Politik von ihnen – nicht nur propagandistisch – bekämpft und Geschichtsklitterung betrieben wird.
Der Autor Michael Sommer erläutert die Theorie des „verkürzten Antikapitalismus“.
Ein Sprecher des Sozialforums Eimsbüttel berichtet über die Kampagne, die die „antideutsche“ Szene gegen die Demonstration und Veranstaltungsreihe des Hamburger Revolutionären-1. Mai-Bündnisses losgetreten hat.
Anschließend Diskussion
Samstag, 12. Juni 2010
19.30 Uhr
Magda-Thürey-Zentrum
Lindenallee 72
Hamburg
Quelle: http://www.antiimperialista.org/de/node/6472
Eine Veranstaltung der Tierrechts-Aktion-Nord (TAN)
TAN - Hamburg
„Dieses Verständnis des Kapitalismus ist verkürzt und damit strukturell antisemitisch“ – so oder ähnlich klingt es immer öfter aus den Reihen der linken, autonomen und Antifa-Szene, wenn Kritiker der kapitalistischen Ausbeutungsordnung die Profiteure dieser Ordnung beim Namen nennen. Kapitalismus, heißt es dagegen aus der Szene, sei ein „abstraktes System“, in dem es Kapitalisten gar nicht gebe. Wer das trotzdem behaupte, personifiziere das „apersonale“ System Kapitalismus – wer von „Kapitalisten“ rede, meine eigentlich „die Juden“. Antikapitalismus und Antiimperialismus werden so als „antisemitisch“ diskreditiert.
Der „antideutsche“ Neokonservatismus als Klassenkampf von oben
Wo immer Menschen gegen kapitalistische Ausbeutung aktiv werden, sehen sie sich mit (Verbal-)Attacken und Denunziationen konfrontiert. Gewerkschaftliche Aktionen für die Regulierung der Finanzmärkte werden ebenso unter Antisemitismusverdacht gestellt wie zuletzt die Demonstration zum Revolutionären 1. Mai in Hamburg, auf der der Kampf zwischen Kapital und Arbeit – Klasse gegen Klasse – im Mittelpunkt stand.
Weil die Theoretiker der „verkürzten Kapitalismuskritik“ ihre Traktate mit marxistisch klingenden Begriffen garnieren, wirkt es oft so, als handele es sich um eine linke Kritik an rechten Tendenzen. Aber in Wahrheit richtet sich diese Kritik am Antikapitalismus – entstanden in der „antideutschen“ Szene – gegen die Linke und die Arbeiterbewegung. Sie ist eine Spielart neokonservativer und antikommunistischer Herrschaftsideologie, die der „Barbarei“ sozialistischer Politikmodelle die „Freiheit der Märkte“ gegenüberstellt. Sie ist Klassenkampf von oben.
Auf unserer Veranstaltung werden beispielhaft Strategien der „antideutschen“ Neokonservativen erläutert und ihre antilinken Kampagnen diskutiert. Es wird aufgezeigt, wie und mit welchen Mitteln linke Politik von ihnen – nicht nur propagandistisch – bekämpft und Geschichtsklitterung betrieben wird.
Der Autor Michael Sommer erläutert die Theorie des „verkürzten Antikapitalismus“.
Ein Sprecher des Sozialforums Eimsbüttel berichtet über die Kampagne, die die „antideutsche“ Szene gegen die Demonstration und Veranstaltungsreihe des Hamburger Revolutionären-1. Mai-Bündnisses losgetreten hat.
Anschließend Diskussion
Samstag, 12. Juni 2010
19.30 Uhr
Magda-Thürey-Zentrum
Lindenallee 72
Hamburg
Quelle: http://www.antiimperialista.org/de/node/6472
Donnerstag, 13. Mai 2010
»Ein Palästina für zwei Völker«
Gespräch mit Yoav Bar. Über Okkupation, Apartheid und die Perspektive eines gemeinsamen demokratischen Staates für Israelis und Palästinenser
Interview: Das Gespräch führte Werner Pirker
Begegnung auf einer Straße Jerusalems im April 2005
Begegnung auf einer Straße Jerusalems im April 2005
Foto: AP
Yoav Bar aus Haifa ist Aktivist der von israelischen Juden und Arabern gebildeten Organisation »Abnaa Al-Balad« (Kinder der Erde) und Initiator der Bewegung für einen demokratischen säkularen Staat in Palästina, deren bekanntester Exponent Professor Ilan Pape ist.
Wie rechtmäßig war die 1948 erfolgte Gründung des Staates Israel?
Die Geschichte der jüdischen Kolonisierung Palästinas geht weit vor die Staatsgründung Israels zurück und ist die Geschichte einer systematischen Verdrängung. 1948 fand dieser Prozeß aber seine extreme Zuspitzung. Die Mehrheit der palästinensischen Bevölkerung wurde von ihrem Land, aus ihren Dörfern und Häusern vertrieben. Das erfüllte eindeutig den Tatbestand einer ethnischen Säuberung. In diesem Sinn ist der zionistische Staat nicht mit dem Apartheid-Regime in Südafrika vergleichbar. Das weiße Regime in Südafrika schuf zwei ethnisch definierte Klassen, wobei die schwarze Arbeitskraft extrem ausgebeutet wurde. Das heißt: Die angestammte Bevölkerung wurde nicht aus ihrem Land vertrieben. Das zionistische Programm hingegen beruhte auf der totalen Negation der palästinensischen Existenz in Palästina. Millionen Flüchtlinge waren die Folge. Selbst innerhalb des von Israel seit 1948 kontrollierten Territoriums sind ungefähr ein Viertel der Palästinenser interne Flüchtlinge. Das sind Menschen, die aus ihren Dörfern und Häusern vertrieben wurden und denen es, auch wenn sie im Besitz der israelischen Staatsbürgerschaft sind, bis heute nicht erlaubt ist, zurückzukehren. Ein Gesetz, das sie zu Abwesenden erklärt, obwohl sie anwesend sind, beraubt sie jeglichen Ansprüche auf ihr vom Staat konfisziertes Eigentum. Oft müssen sie in ihren eigenen Häusern Miete an den Staat bezahlen. Diese Enteignungspolitik findet bis heute in allen Teilen Palästinas statt.
Die Realität widerspricht vollkommen den offiziellen Geschichtslügen, denen zufolge die Palästinenser »davongelaufen« wären, weil sie nicht in einem jüdischen Staat leben wollten oder von ihren Führern dazu aufgefordert worden wären. Es hat sich eindeutig um eine ethnische Säuberung gehandelt – begleitet von zahlreichen Massakern. Solchen, die bekannt geworden sind, und solchen, die es nicht wurden. Man hat Menschen in Moscheen getrieben, die dann angezündet wurden. Oder die männliche Bevölkerung Aufstellung nehmen lassen und jeden zehnten erschossen. Deshalb kam es zur Massenflucht. Nicht nur der Westen leistete Israel Rückendeckung und Waffenhilfe. Es gab auch einen sozialistische Beitrag zur ethnischen Säuberung Palästinas. Waffen aus der Tschechoslowakei.
In welcher Situation befinden sich die restlichen Palästinenser in Israel?
Zuerst muß erwähnt werden, daß die Elite fast zur Gänze vertrieben wurde. In Haifa zum Beispiel wurden die Schulen zerstört, das Erscheinen arabischen Zeitung unmöglich gemacht. Gewerkschaften und Parteien und andere den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft herstellende Organisationen aufgelöst. In Dörfern und kleinen Städten waren die Palästinenser, die den Säuberungen entkommen waren, zu einer terrorisierten Minderheit geworden. Zwischen 1948 und 1966 sahen sie sich einer direkten Militärverwaltung unterstellt. Um vom einen zum anderen Dorf zu gehen, brauchte man eine spezielle Erlaubnis. Das wurde natürlich als Mittel der politischen Kontrolle eingesetzt. Wer nicht parierte, konnte nicht einmal ein Krankenhaus aufsuchen.
Kann Israel als ein Apartheidstaat bezeichnet werden?
Meinem Verständnis nach ist ein Apartheidregime dann gegeben, wenn es in einem Staat für verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschiedliche Gesetze gibt. Das ist in Israel der Fall, wo für Juden, Araber und Arbeitsmigranten unterschiedliche Rechtsvorschriften gelten. Das gibt es seit dem Sturz des Apartheid-Regimes in Südafrika sonst nirgendwo in der Welt. Nehmen wir zum Beispiel das Staatsbürgerschaftsrecht. Nach Israel einreisende Juden können quasi binnen einer Minute die Staatsbürgerschaft erwerben, während Nichtjuden so gut wie keine Möglichkeit haben, sie jemals zu bekommen. Wenn zum Beispiel eine Frau aus dem Westjordanland mit einem israelischen Staatsbürger verheiratet ist, ist es für sie so gut wie unmöglich, israelische Staatsbürgerin zu werden, was sie praktisch aus dem israelischen Sozialsystem ausschließt.
Zur Frage des Landbesitzes: 1976 waren immerhin noch 20 Prozent des Bodens in arabischem Eigentum, nun sind es nur noch 3,5 Prozent. Der Boden ist von den Arabern nicht verkauft worden. Er wurde vom Staat konfisziert. Der sich im staatlichen Besitz befindende Boden wiederum darf nicht an Nichtjuden verkauft werden. Auch die Entwicklungspolitik beruht auf der totalen Diskriminierung der arabischen Bevölkerung. In Galiläa, wo mehr als 50 Prozent der Bevölkerung Araber sind und wo es mehr als 1000 arabische Dörfer gibt, werden die Industriezonen ausschließlich in der Nähe jüdischer Siedlungsgebiete errichtet. Die Löhne der Juden sind doppelt so hoch wie die der Araber. Das hat nicht nur damit zu tun, daß das Gros der jüdischen Bevölkerung qualifiziertere Berufe als die arabische ausüben. Auch bei gleicher Arbeit gibt es große Einkommensunterschiede. Die Benachteiligung der angestammten Bevölkerung zieht sich durch alle Lebensbereiche. Die Dienstleistungen sind schlechter, die Schulen ganz besonders. Die Ausgaben für ein jüdisches Schulkind sind dreimal so hoch wie für ein arabisches. In keinem der arabischen Bevölkerungszentren gibt es ein Krankenhaus. Die jüdische Bevölkerung in Palästina lebt auf dem Niveau der Menschen in entwickelten Industriestaaten, während die Araber Dritte-Welt-Verhältnisse vorfinden.
Ein Menschenrechtsproblem ist auch das israelische Gefängniswesen. Israel hat nicht außergewöhnliche viele Gefangene. Doch es hat außergewöhnlich viele politische Gefangene – vor allem aus Gaza und der Westbank. Aber auch unter den nichtpolitischen Gefangenen ist der Anteil der israelischen Araber an der Gesamtzahl der Gefangenen sehr hoch. Wie der der Schwarzen in den USA.
Israel fühlt sich eng mit der westlichen Wertegemeinschaft verbunden. Doch obwohl der Zionismus eine im wesentlichen säkulare Idee ist, ist Israel kein säkularer, sondern ein über das Judentum im ethnischen und religiösen Sinn definierter Staat. Ein Widerspruch?
In Israel sind nicht einmal standesamtliche Trauungen möglich. Als jüdischer Staat sucht Israel seine Legitimität vor allem auch in der Religion. Die zionistischen Eliten aber sind nicht besonders religiös. Sie glauben nicht wirklich an Gott, wohl aber daran, daß er ihnen das Heilige Land versprochen hat.
Wie äußert sich der Widerstand der arabischen Israeli gegen ihre Diskriminierung?
Nicht in Form bewaffneter Aktionen, sondern als Massenkampf. Für die Araber in Israel bedeutet jeder Aspekt ihres Lebens Kampf. Der Kampf begann mit dem ersten Tag der Okkupation im Jahr 1948. Was die Verteidigung der unmittelbaren Lebensinteressen der Palästinenser betrifft, hat die Kommunistische Partei Israels vor allem in den ersten Jahren eine ausgesprochen positive Rolle gespielt – trotz ihrer Anerkennung des zionistischen Projekts. In ihrer täglichen Praxis hat sie aber wesentlich dazu beigetragen, daß die arabische Bevölkerung sich zu wehren begann. Als der 1956 während des Suezkrieges in zionistischen Kreisen entworfene Plan, eine zweite Vertreibungswelle zu organisieren, zwar wieder verworfen wurde, es in einem Dorf aber dennoch zu einem Massaker mit 56 Toten kam, war es die kommunistische Presse, die dieses Verbrechen aufdeckte. Hauptanliegen der Kommunisten ist, die arabische Bevölkerung in den israelischen Staat zu integrieren. Aus unsere Sicht aber sollen die Araber nicht zu einem Teil dieses neokolonialistischen Projekts werden. Aber auf der anderen Seite wollen die Zionisten gar nicht, daß die Araber in dieses Projekt integriert werden. Israelische Araber, die sich an diesem Projekt beteiligen wollten, wurden abgewiesen. Das ließ sie zu dem Bewußtsein gelangen, daß man den Zionismus bekämpfen müsse. Nach dem Junikrieg kam es zu einem Aufschwung der nationalen Bewegung in ganz Palästina, besonders in den 1967 besetzten Territorien. Aber auch innerhalb des 1948 besetzten Gebiets erwachte das nationale Bewußtsein. Unsere von Arabern und Juden gemeinsam getragene Organisation war sich stets bewußt, daß der Kampf um nationale Emanzipation einer fortschrittlichen sozialen Orientierung bedarf.
Agiert Ihre Gruppe »Abnaa Al-Balad« mit ihrer radikal antizionistischen Positionierung nicht allein auf weiter Flur?
6. Mai 2008 im Flüchtlingslager Kalandia/Westbank: der Schl
6. Mai 2008 im Flüchtlingslager Kalandia/Westbank: der Schlüssel des Hauses im Norden Israels, das die palästinensische Familie 1948 verlassen mußte
Foto: AP
Wir treten für einen säkularen demokratischen Staat für alle Bürger Palästinas ein. Neben uns gibt es andere nationale Bewegungen, die weniger fortschrittlich sind. Hier sei vor allem die Nationaldemokratische Allianz erwähnt, die auf ein Übereinkommen zwischen der Palästinénsischen Autonomiebehörde und dem israelischen Staat unter US-Schirmherrschaft setzen. Neben einem palästinensischen Staat in Gaza und auf der Westbank sollte ihrer Meinung nach Israel als Staat seiner Bürger – und nicht des jüdischen Volkes – existieren. Doch ist diese Forderung ebenso wie die der Kommunistischen Partei nach einer vollen Integration der arabischen Bevölkerung in die israelische Gesellschaft nicht zu verwirklichen, da es auf israelischer Seite keine Berereitschaft zu einer Veränderung der Natur Israels in Richtung eines Staates seiner Bürger gibt. Dieser Slogan wird zum Teil damit begründet, daß er die Unfähigkeit Israels, sich positiv zu verändern, demonstrieren soll. Oder damit, daß man zwar von der Idee eines demokratischen Staates für beide Völker überzeugt sei, zuerst aber Veränderungen innerhalb Israels anstoßen wolle.
Innerhalb der palästinensischen Widerstandsbewegung haben die islamistischen Kräfte die säkular-nationalistische Tendenz zurückgedrängt. Ist das auch bei den Arabern in Israel so?
Auch innerhalb des 1948er-Territoriums ist die islamische Bewegung die stärkste Kraft. Sie ist eine Graswurzelbewegung, die auf lokaler Ebene schon seit langem ihre Agenda verfolgt. Sie hat ein sehr weitreichendes politisches und soziales Programm, von der Erziehung über die Entwicklung einer lokalen Ökonomie bis zur Verteidigung heiliger Stätten. Eine politische Perspektive aber bietet sie nicht an.
Welche Perspektive bietet »Abnaa Al-Balad« an?
Unsere auf einen demokratischen Staat für alle Bewohner Palästinas gerichtete Perspektive ist die einfachste und natürlichste Lösungsvariante. Die Lösung eines Problems muß an der Entstehungsgeschichte des Problems orientiert sein. Ausgangspunkt ist die Vertreibung der Mehrheit der Palästinenser im Verlauf der zionistischen Landnahme. Die wichtigste Komponente einer Lösung müßte deshalb die Rückkehr der Flüchtlinge sein. Und zwar in alle Teile Palästinas, weil sie aus allen Teilen Palästinas vertrieben worden sind. Akzeptiert man die ethnischen Säuberungen als vollendete Tatsache, und genau das bedeutet die Anerkennung Israels als jüdischer Staat, dann ermutigt man weitere ethnische Säuberungen. Die Palästinenserführung hat Israel als jüdischen Staat anerkannt und ist in Verhandlungen über die Westbank eingetreten. Doch die Israelis haben mit dem Bau jüdischer Siedlungen auf palästinensischem Territorium weitere vollende Tatsachen geschaffen. Und das ermutigt sie zur Fortsetzung ihrer Expansion. Deshalb wollen wir die Vertreibungen rückgängig machen. Jede vertriebene Person soll das Recht auf Rückkehr haben. Das läßt sich am besten innerhalb des Rahmens eines gemeinsamen demokratischen Staates bewerkstelligen. Nur so kann der Problemkomplex aus ethnischen Säuberungen, Okkupation und Apartheid gelöst werden. Und nur so kann das Problem der Juden gelöst werden. Denn die von den Israelis behauptete Bedrohung ist, sofern sie tatsächlich existiert, eine von der zionistischen Konfrontationspolitik hervorgerufene Bedrohung.
In unserer Region prallen unversöhnliche Interessen aufeinander. Die Kräfte, die das Nahostproblem verursacht haben, sind stärker als jene, die imstande wären, es zu lösen. Die Macht des Zionismus ist eine vom Imperialismus geliehene. Die Konfrontation zwischen Siedlern und Einheimischen in Palästina ist ein Ergebnis der Konfrontation zwischen dem Imperialismus und den Völkern des Nahen Ostens. Es sieht danach aus, als könnte der Imperialismus die Region nicht mehr auf die gewohnte Weise beherrschen. Das ist im Irak, im Libanon und in Gaza deutlich geworden. Zionismus und Imperialismus befinden sich in einer großen Krise. Auch die zionistisch orientierten Menschen in Israel suchen nach einer Lösung. Nicht weil sie das Recht der anderen Seite anerkennen, sondern weil sie für sich selbst einen Ausweg suchen. Wie das in Südafrika der Fall war. Der Apartheidstaat war international isoliert. Er hätte noch zwanzig Jahre weiterkämpfen können, aber ohne Aussicht auf den Sieg. Auch der Zionismus hat die Kraft, weiter zu kämpfen. Aber er kann nicht gewinnen, weil die Völker der Region seinen Rassismus niemals hinnehmen werden.
Welchen Namen soll der demokratische Staat haben?
Palästina. Damit wäre zum Ausdruck gebracht, daß das zionistische Projekt zu Ende ist. Er entspricht dem ursprünglichen Konzept der PLO, ein demokratisches Palästina für alle dort lebenden Menschen zu schaffen.
Welche antiimperialistischen Kräfte außerhalb Palästinas betrachten Sie als unterstützenswert?
Eine hohe Wertschätzung verdient die libanesische Hisbollah. Das meinen nicht nur wir. Überall im Nahen Osten bewundern die Volkskräfte die Hisbollah. Das bezieht sich vor allem auf ihre militärischen Erfolge im Kampf gegen die israelische Aggression. Bewunderung verdient auch, daß sie keine sektiererische, sondern eine auf die Überwindung der religiösen Spaltung gerichtete Politik verfolgt. Sie hat eine Koalition aller progressiven Kräfte der libanesischen Gesellschaft gebildet. Sie hat zuwege gebracht, woran die historische Linke gescheitert ist, nämlich einen Bürgerkrieg entlang konfessioneller Frontlinien zu verhindern. Das ist vor allem deshalb interessant, weil es sich bei der Hisbollah um eine islamische Gruppe handelt. Das Hisbollah-Projekt ermutigt uns auch in unserem Land, gemeinsam mit islamischen Gruppen für einen demokratischen Staat in Palästina zu kämpfen.
Wie beurteilen Sie die Nahostpolitik der gegenwärtigen US-Administration?
Die Politik Barack Obamas hat keine politische Vision für den Nahen Osten, wie das die Bush-Leute mit ihrer »Greater Middle East«-Konzeption hatten.Sie kritisieren Israels Siedlungspolitik, aber sie können nichts vorweisen, was nach einer Zukunftsperspektive aussieht. Das verstärkt unter den Palästinensern die Einsicht, daß von den USA nichts Positives zu erwarten ist. .
Ende Mai soll in Haifa ein Kongreß die Perspektive eines demokratischen Staates für beide Völker erörtert werden ...
Wir haben bereits 2008 einen solchen Kongreß durchgeführt. Daran haben Vertreter von Parteien und der Zivilgesellschaft und viele Wissenschaftler teilgenommen. Auf der im Mai stattfindenden zweiten Haifa-Konferenz soll eine internationale Koalition für eine demokratische Lösung des Palästinakonflikts gebildet werden. Von Haifa soll auch ein Anstoß für die Bildung einer Bewegung ausgehen, die Druck auf die westlichen Regierungen ausübt, damit diese Sanktionen gegen Israel verhängen. Erörtert werden soll, wie die Rückkehr der Flüchtlinge zu organisieren wäre, das heißt, wie man einen Slogan in ein Programm verwandeln kann.
Quelle: http://www.jungewelt.de/2010/03-27/001.php?sstr=barack
Interview: Das Gespräch führte Werner Pirker
Begegnung auf einer Straße Jerusalems im April 2005
Begegnung auf einer Straße Jerusalems im April 2005
Foto: AP
Yoav Bar aus Haifa ist Aktivist der von israelischen Juden und Arabern gebildeten Organisation »Abnaa Al-Balad« (Kinder der Erde) und Initiator der Bewegung für einen demokratischen säkularen Staat in Palästina, deren bekanntester Exponent Professor Ilan Pape ist.
Wie rechtmäßig war die 1948 erfolgte Gründung des Staates Israel?
Die Geschichte der jüdischen Kolonisierung Palästinas geht weit vor die Staatsgründung Israels zurück und ist die Geschichte einer systematischen Verdrängung. 1948 fand dieser Prozeß aber seine extreme Zuspitzung. Die Mehrheit der palästinensischen Bevölkerung wurde von ihrem Land, aus ihren Dörfern und Häusern vertrieben. Das erfüllte eindeutig den Tatbestand einer ethnischen Säuberung. In diesem Sinn ist der zionistische Staat nicht mit dem Apartheid-Regime in Südafrika vergleichbar. Das weiße Regime in Südafrika schuf zwei ethnisch definierte Klassen, wobei die schwarze Arbeitskraft extrem ausgebeutet wurde. Das heißt: Die angestammte Bevölkerung wurde nicht aus ihrem Land vertrieben. Das zionistische Programm hingegen beruhte auf der totalen Negation der palästinensischen Existenz in Palästina. Millionen Flüchtlinge waren die Folge. Selbst innerhalb des von Israel seit 1948 kontrollierten Territoriums sind ungefähr ein Viertel der Palästinenser interne Flüchtlinge. Das sind Menschen, die aus ihren Dörfern und Häusern vertrieben wurden und denen es, auch wenn sie im Besitz der israelischen Staatsbürgerschaft sind, bis heute nicht erlaubt ist, zurückzukehren. Ein Gesetz, das sie zu Abwesenden erklärt, obwohl sie anwesend sind, beraubt sie jeglichen Ansprüche auf ihr vom Staat konfisziertes Eigentum. Oft müssen sie in ihren eigenen Häusern Miete an den Staat bezahlen. Diese Enteignungspolitik findet bis heute in allen Teilen Palästinas statt.
Die Realität widerspricht vollkommen den offiziellen Geschichtslügen, denen zufolge die Palästinenser »davongelaufen« wären, weil sie nicht in einem jüdischen Staat leben wollten oder von ihren Führern dazu aufgefordert worden wären. Es hat sich eindeutig um eine ethnische Säuberung gehandelt – begleitet von zahlreichen Massakern. Solchen, die bekannt geworden sind, und solchen, die es nicht wurden. Man hat Menschen in Moscheen getrieben, die dann angezündet wurden. Oder die männliche Bevölkerung Aufstellung nehmen lassen und jeden zehnten erschossen. Deshalb kam es zur Massenflucht. Nicht nur der Westen leistete Israel Rückendeckung und Waffenhilfe. Es gab auch einen sozialistische Beitrag zur ethnischen Säuberung Palästinas. Waffen aus der Tschechoslowakei.
In welcher Situation befinden sich die restlichen Palästinenser in Israel?
Zuerst muß erwähnt werden, daß die Elite fast zur Gänze vertrieben wurde. In Haifa zum Beispiel wurden die Schulen zerstört, das Erscheinen arabischen Zeitung unmöglich gemacht. Gewerkschaften und Parteien und andere den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft herstellende Organisationen aufgelöst. In Dörfern und kleinen Städten waren die Palästinenser, die den Säuberungen entkommen waren, zu einer terrorisierten Minderheit geworden. Zwischen 1948 und 1966 sahen sie sich einer direkten Militärverwaltung unterstellt. Um vom einen zum anderen Dorf zu gehen, brauchte man eine spezielle Erlaubnis. Das wurde natürlich als Mittel der politischen Kontrolle eingesetzt. Wer nicht parierte, konnte nicht einmal ein Krankenhaus aufsuchen.
Kann Israel als ein Apartheidstaat bezeichnet werden?
Meinem Verständnis nach ist ein Apartheidregime dann gegeben, wenn es in einem Staat für verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschiedliche Gesetze gibt. Das ist in Israel der Fall, wo für Juden, Araber und Arbeitsmigranten unterschiedliche Rechtsvorschriften gelten. Das gibt es seit dem Sturz des Apartheid-Regimes in Südafrika sonst nirgendwo in der Welt. Nehmen wir zum Beispiel das Staatsbürgerschaftsrecht. Nach Israel einreisende Juden können quasi binnen einer Minute die Staatsbürgerschaft erwerben, während Nichtjuden so gut wie keine Möglichkeit haben, sie jemals zu bekommen. Wenn zum Beispiel eine Frau aus dem Westjordanland mit einem israelischen Staatsbürger verheiratet ist, ist es für sie so gut wie unmöglich, israelische Staatsbürgerin zu werden, was sie praktisch aus dem israelischen Sozialsystem ausschließt.
Zur Frage des Landbesitzes: 1976 waren immerhin noch 20 Prozent des Bodens in arabischem Eigentum, nun sind es nur noch 3,5 Prozent. Der Boden ist von den Arabern nicht verkauft worden. Er wurde vom Staat konfisziert. Der sich im staatlichen Besitz befindende Boden wiederum darf nicht an Nichtjuden verkauft werden. Auch die Entwicklungspolitik beruht auf der totalen Diskriminierung der arabischen Bevölkerung. In Galiläa, wo mehr als 50 Prozent der Bevölkerung Araber sind und wo es mehr als 1000 arabische Dörfer gibt, werden die Industriezonen ausschließlich in der Nähe jüdischer Siedlungsgebiete errichtet. Die Löhne der Juden sind doppelt so hoch wie die der Araber. Das hat nicht nur damit zu tun, daß das Gros der jüdischen Bevölkerung qualifiziertere Berufe als die arabische ausüben. Auch bei gleicher Arbeit gibt es große Einkommensunterschiede. Die Benachteiligung der angestammten Bevölkerung zieht sich durch alle Lebensbereiche. Die Dienstleistungen sind schlechter, die Schulen ganz besonders. Die Ausgaben für ein jüdisches Schulkind sind dreimal so hoch wie für ein arabisches. In keinem der arabischen Bevölkerungszentren gibt es ein Krankenhaus. Die jüdische Bevölkerung in Palästina lebt auf dem Niveau der Menschen in entwickelten Industriestaaten, während die Araber Dritte-Welt-Verhältnisse vorfinden.
Ein Menschenrechtsproblem ist auch das israelische Gefängniswesen. Israel hat nicht außergewöhnliche viele Gefangene. Doch es hat außergewöhnlich viele politische Gefangene – vor allem aus Gaza und der Westbank. Aber auch unter den nichtpolitischen Gefangenen ist der Anteil der israelischen Araber an der Gesamtzahl der Gefangenen sehr hoch. Wie der der Schwarzen in den USA.
Israel fühlt sich eng mit der westlichen Wertegemeinschaft verbunden. Doch obwohl der Zionismus eine im wesentlichen säkulare Idee ist, ist Israel kein säkularer, sondern ein über das Judentum im ethnischen und religiösen Sinn definierter Staat. Ein Widerspruch?
In Israel sind nicht einmal standesamtliche Trauungen möglich. Als jüdischer Staat sucht Israel seine Legitimität vor allem auch in der Religion. Die zionistischen Eliten aber sind nicht besonders religiös. Sie glauben nicht wirklich an Gott, wohl aber daran, daß er ihnen das Heilige Land versprochen hat.
Wie äußert sich der Widerstand der arabischen Israeli gegen ihre Diskriminierung?
Nicht in Form bewaffneter Aktionen, sondern als Massenkampf. Für die Araber in Israel bedeutet jeder Aspekt ihres Lebens Kampf. Der Kampf begann mit dem ersten Tag der Okkupation im Jahr 1948. Was die Verteidigung der unmittelbaren Lebensinteressen der Palästinenser betrifft, hat die Kommunistische Partei Israels vor allem in den ersten Jahren eine ausgesprochen positive Rolle gespielt – trotz ihrer Anerkennung des zionistischen Projekts. In ihrer täglichen Praxis hat sie aber wesentlich dazu beigetragen, daß die arabische Bevölkerung sich zu wehren begann. Als der 1956 während des Suezkrieges in zionistischen Kreisen entworfene Plan, eine zweite Vertreibungswelle zu organisieren, zwar wieder verworfen wurde, es in einem Dorf aber dennoch zu einem Massaker mit 56 Toten kam, war es die kommunistische Presse, die dieses Verbrechen aufdeckte. Hauptanliegen der Kommunisten ist, die arabische Bevölkerung in den israelischen Staat zu integrieren. Aus unsere Sicht aber sollen die Araber nicht zu einem Teil dieses neokolonialistischen Projekts werden. Aber auf der anderen Seite wollen die Zionisten gar nicht, daß die Araber in dieses Projekt integriert werden. Israelische Araber, die sich an diesem Projekt beteiligen wollten, wurden abgewiesen. Das ließ sie zu dem Bewußtsein gelangen, daß man den Zionismus bekämpfen müsse. Nach dem Junikrieg kam es zu einem Aufschwung der nationalen Bewegung in ganz Palästina, besonders in den 1967 besetzten Territorien. Aber auch innerhalb des 1948 besetzten Gebiets erwachte das nationale Bewußtsein. Unsere von Arabern und Juden gemeinsam getragene Organisation war sich stets bewußt, daß der Kampf um nationale Emanzipation einer fortschrittlichen sozialen Orientierung bedarf.
Agiert Ihre Gruppe »Abnaa Al-Balad« mit ihrer radikal antizionistischen Positionierung nicht allein auf weiter Flur?
6. Mai 2008 im Flüchtlingslager Kalandia/Westbank: der Schl
6. Mai 2008 im Flüchtlingslager Kalandia/Westbank: der Schlüssel des Hauses im Norden Israels, das die palästinensische Familie 1948 verlassen mußte
Foto: AP
Wir treten für einen säkularen demokratischen Staat für alle Bürger Palästinas ein. Neben uns gibt es andere nationale Bewegungen, die weniger fortschrittlich sind. Hier sei vor allem die Nationaldemokratische Allianz erwähnt, die auf ein Übereinkommen zwischen der Palästinénsischen Autonomiebehörde und dem israelischen Staat unter US-Schirmherrschaft setzen. Neben einem palästinensischen Staat in Gaza und auf der Westbank sollte ihrer Meinung nach Israel als Staat seiner Bürger – und nicht des jüdischen Volkes – existieren. Doch ist diese Forderung ebenso wie die der Kommunistischen Partei nach einer vollen Integration der arabischen Bevölkerung in die israelische Gesellschaft nicht zu verwirklichen, da es auf israelischer Seite keine Berereitschaft zu einer Veränderung der Natur Israels in Richtung eines Staates seiner Bürger gibt. Dieser Slogan wird zum Teil damit begründet, daß er die Unfähigkeit Israels, sich positiv zu verändern, demonstrieren soll. Oder damit, daß man zwar von der Idee eines demokratischen Staates für beide Völker überzeugt sei, zuerst aber Veränderungen innerhalb Israels anstoßen wolle.
Innerhalb der palästinensischen Widerstandsbewegung haben die islamistischen Kräfte die säkular-nationalistische Tendenz zurückgedrängt. Ist das auch bei den Arabern in Israel so?
Auch innerhalb des 1948er-Territoriums ist die islamische Bewegung die stärkste Kraft. Sie ist eine Graswurzelbewegung, die auf lokaler Ebene schon seit langem ihre Agenda verfolgt. Sie hat ein sehr weitreichendes politisches und soziales Programm, von der Erziehung über die Entwicklung einer lokalen Ökonomie bis zur Verteidigung heiliger Stätten. Eine politische Perspektive aber bietet sie nicht an.
Welche Perspektive bietet »Abnaa Al-Balad« an?
Unsere auf einen demokratischen Staat für alle Bewohner Palästinas gerichtete Perspektive ist die einfachste und natürlichste Lösungsvariante. Die Lösung eines Problems muß an der Entstehungsgeschichte des Problems orientiert sein. Ausgangspunkt ist die Vertreibung der Mehrheit der Palästinenser im Verlauf der zionistischen Landnahme. Die wichtigste Komponente einer Lösung müßte deshalb die Rückkehr der Flüchtlinge sein. Und zwar in alle Teile Palästinas, weil sie aus allen Teilen Palästinas vertrieben worden sind. Akzeptiert man die ethnischen Säuberungen als vollendete Tatsache, und genau das bedeutet die Anerkennung Israels als jüdischer Staat, dann ermutigt man weitere ethnische Säuberungen. Die Palästinenserführung hat Israel als jüdischen Staat anerkannt und ist in Verhandlungen über die Westbank eingetreten. Doch die Israelis haben mit dem Bau jüdischer Siedlungen auf palästinensischem Territorium weitere vollende Tatsachen geschaffen. Und das ermutigt sie zur Fortsetzung ihrer Expansion. Deshalb wollen wir die Vertreibungen rückgängig machen. Jede vertriebene Person soll das Recht auf Rückkehr haben. Das läßt sich am besten innerhalb des Rahmens eines gemeinsamen demokratischen Staates bewerkstelligen. Nur so kann der Problemkomplex aus ethnischen Säuberungen, Okkupation und Apartheid gelöst werden. Und nur so kann das Problem der Juden gelöst werden. Denn die von den Israelis behauptete Bedrohung ist, sofern sie tatsächlich existiert, eine von der zionistischen Konfrontationspolitik hervorgerufene Bedrohung.
In unserer Region prallen unversöhnliche Interessen aufeinander. Die Kräfte, die das Nahostproblem verursacht haben, sind stärker als jene, die imstande wären, es zu lösen. Die Macht des Zionismus ist eine vom Imperialismus geliehene. Die Konfrontation zwischen Siedlern und Einheimischen in Palästina ist ein Ergebnis der Konfrontation zwischen dem Imperialismus und den Völkern des Nahen Ostens. Es sieht danach aus, als könnte der Imperialismus die Region nicht mehr auf die gewohnte Weise beherrschen. Das ist im Irak, im Libanon und in Gaza deutlich geworden. Zionismus und Imperialismus befinden sich in einer großen Krise. Auch die zionistisch orientierten Menschen in Israel suchen nach einer Lösung. Nicht weil sie das Recht der anderen Seite anerkennen, sondern weil sie für sich selbst einen Ausweg suchen. Wie das in Südafrika der Fall war. Der Apartheidstaat war international isoliert. Er hätte noch zwanzig Jahre weiterkämpfen können, aber ohne Aussicht auf den Sieg. Auch der Zionismus hat die Kraft, weiter zu kämpfen. Aber er kann nicht gewinnen, weil die Völker der Region seinen Rassismus niemals hinnehmen werden.
Welchen Namen soll der demokratische Staat haben?
Palästina. Damit wäre zum Ausdruck gebracht, daß das zionistische Projekt zu Ende ist. Er entspricht dem ursprünglichen Konzept der PLO, ein demokratisches Palästina für alle dort lebenden Menschen zu schaffen.
Welche antiimperialistischen Kräfte außerhalb Palästinas betrachten Sie als unterstützenswert?
Eine hohe Wertschätzung verdient die libanesische Hisbollah. Das meinen nicht nur wir. Überall im Nahen Osten bewundern die Volkskräfte die Hisbollah. Das bezieht sich vor allem auf ihre militärischen Erfolge im Kampf gegen die israelische Aggression. Bewunderung verdient auch, daß sie keine sektiererische, sondern eine auf die Überwindung der religiösen Spaltung gerichtete Politik verfolgt. Sie hat eine Koalition aller progressiven Kräfte der libanesischen Gesellschaft gebildet. Sie hat zuwege gebracht, woran die historische Linke gescheitert ist, nämlich einen Bürgerkrieg entlang konfessioneller Frontlinien zu verhindern. Das ist vor allem deshalb interessant, weil es sich bei der Hisbollah um eine islamische Gruppe handelt. Das Hisbollah-Projekt ermutigt uns auch in unserem Land, gemeinsam mit islamischen Gruppen für einen demokratischen Staat in Palästina zu kämpfen.
Wie beurteilen Sie die Nahostpolitik der gegenwärtigen US-Administration?
Die Politik Barack Obamas hat keine politische Vision für den Nahen Osten, wie das die Bush-Leute mit ihrer »Greater Middle East«-Konzeption hatten.Sie kritisieren Israels Siedlungspolitik, aber sie können nichts vorweisen, was nach einer Zukunftsperspektive aussieht. Das verstärkt unter den Palästinensern die Einsicht, daß von den USA nichts Positives zu erwarten ist. .
Ende Mai soll in Haifa ein Kongreß die Perspektive eines demokratischen Staates für beide Völker erörtert werden ...
Wir haben bereits 2008 einen solchen Kongreß durchgeführt. Daran haben Vertreter von Parteien und der Zivilgesellschaft und viele Wissenschaftler teilgenommen. Auf der im Mai stattfindenden zweiten Haifa-Konferenz soll eine internationale Koalition für eine demokratische Lösung des Palästinakonflikts gebildet werden. Von Haifa soll auch ein Anstoß für die Bildung einer Bewegung ausgehen, die Druck auf die westlichen Regierungen ausübt, damit diese Sanktionen gegen Israel verhängen. Erörtert werden soll, wie die Rückkehr der Flüchtlinge zu organisieren wäre, das heißt, wie man einen Slogan in ein Programm verwandeln kann.
Quelle: http://www.jungewelt.de/2010/03-27/001.php?sstr=barack
Kein Ende der "antideutschen" Kampagne gegen Linke in Hamburg
Hamburg (KAH) - Am kommenden Montag zeigt der Hamburger Musikclub „Übel & Gefährlich“ den Film „Warum Israel“ des französischen Regisseurs Claude Lanzmann. Lanzmann wird sein Werk anschliessend mit dem Herausgeber der „antideutschen“ Zeitschrift „Konkret“, Hermann Gremliza, und dem Philosophen Klaus Theweleit diskutieren.
Der Film wird u.a. deshalb aufgeführt, weil seine Vorführung im Rahmen einer Veranstaltung der Gruppe Kritikmaximierung Hamburg im Oktober vergangenen Jahres von Aktivisten aus dem Umfeld des internationalen Zentrums B5 verhindert wurde.
Den Aktivisten der B5 war es allerdings nicht um den Film gegangen - er wurde wenig später auch in der B5 gezeigt -, sondern darum, gegen die Veranstalter vorzugehen: die neokonservativ-„antideutsche“ Gruppe Kritikmaximierung Hamburg.
Die Aktion der B5, so die von den „Antideutschen“ später gestrickte und von der Presse aufgegriffene Legende, sei ein Akt „antisemitischer Filmzensur“ gewesen.
Das „Übel & Gefährlich“ beteiligt sich mit seiner Veranstaltung an dieser Lügenkampagne gegen das linke Zentrum B5 und ergreift somit Partei für die politischen Ansichten der damaligen Veranstalter: neokonservative „Antideutsche“, Kriegsverherrlicher, Rassisten.
Überraschend ist das indes nicht. Schon seit Jahren stellt der Club seine Räume bereitwillig „Antideutschen“ zur Verfügung. So fand dort im Oktober 2008 eine Diskussionsrunde unter dem Titel „Deutschland? - Nie wieder!“ mit Vertretern der autonom-„antideutschen“ Zeitschrift „Phase 2“ und „antideutschen“ Ultras von der Gruppe 8. Mai statt.
Während der Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 hatte diese Gruppe dafür geworben, nicht das Treffen der Staats- und Regierungschefs, sondern den Alternativgipfel der linken Globalisierungskritiker zu stören, weil „der Protest gegen die G8 keineswegs ursprünglich gut“ sei, sondern „Volkshuberei und Antisemitismus“.
„Antideutsch“ verkauften die Übel & Gefährlich-Betreiber damals als „treffliche Kritik an der Nation“ - eine unfassbare Verdrehung der Tatsachen, wenn man bedenkt, dass es auf „antideutschen“ Veranstaltungen immer wieder heisst, auch das schwarz-rot-goldene Banner sei auf ihren Demonstrationen willkommen, wenn nur die Bundeswehr ihre angebliche Zurückhaltung in Afghanistan ablege.
Die auf Lügen aufgebaute Internet-Kampagne „Es darf keine antisemitische Filmzensur in Hamburg geben!“ gegen die B5 hat der Club unterstützt, die Lieblingsband der „Antideutschen“, Egotronic - die schon dazu aufrief, Geld für die israelische Armee zu spenden -, ist im „Übel & Gefährlich“ gern gesehen.
Was als „linke, existenzialistische Discotheque der neuen Generation mit tightem Management und unübertreffbarem Musikgeschmack“ daherkommt (so charakterisiert Spex-Chefredakteur Max Dax, der am 18. Januar als Moderator auftritt, den Club), hat seinen Platz in den Reihen der neuen Rechten längst gefunden.
Claude Lanzmann und Teile seines Werks für die Politik dieser Szene zu rekrutieren, ist ein Leichtes. War er als Schüler noch in der Résistance aktiv, hat er sich heute von seiner linken Überzeugung abgewendet.
So unterschlägt er in Interviews über „Warum Israel“ - sein Debüt von 1973 - kurzerhand die Existenz des arabischen Fünftels der israelischen Bevölkerung, wenn er von seinem Erstaunen spricht, „das eintritt, wenn man realisiert, dass jeder in diesem Land jüdisch ist“.
Mit Lügen-Slogans wie „Israels Feinde machen keine Gefangenen“ wirbt er heute für ein nicht nur gedankliches Verschwinden der Palästinenser: Er zeichnet ein Bild von den Arabern als Barbaren, denen Gegenüber nichts gelte ausser der Logik des Krieges: „Töten, um nicht getötet zu werden.“
Beredtes Zeugnis seiner Ansichten legt Lanzmanns Film „Tsahal“ über die israelische Armee von 1994 ab. Nach „Shoah“, seinem zweiten und wohl wichtigstem Film über die Vernichtung der europäischen Juden, präsentiert Lanzmann hier die Illusion einer moralisch makellosen Armee und Panzer im Sonnenuntergang.
Israelische Kriegsdienstverweigerer und erschossene palästinensische Zivilisten sucht man vergeblich. „Shoah wird strukturiert von Aufnahmen fahrender Züge.
Doch diesmal ist aus der Fahrt in den Tod eine selbstbestimmte Bewegung in Panzern, Flugzeugen und Hubschraubern geworden“, schreibt die „antideutsche“ Zeitung „Jungle World“ begeistert über „Tsahal“.
Die Shoah wird zur Legitimation für einen Kult der militärischen Überlegenheit und eine völkerrechtswidrige Eroberungs- und Besatzungspolitik. Als der israelische Historiker Tom Segev über „Tsahal“ sagte, er habe einen Oscar für schlechten Geschmack verdient, war das noch untertrieben: Claude Lanzmann bedient eine Ideologie der entfesselten Brutalität im Namen „der Zivilisation“; eine Ideologie, in der „Antideutsche“ ihren Gewaltphantasien freien Lauf lassen können.
„Die Veranstaltung im Übel & Gefährlich muss als das benannt werden, was sie ist: Teil einer antilinken Kampagne, die sich hinter dem Vorwand, gegen Antisemitismus vorzugehen, versteckt“, erklärt die Kommunistische Assoziation Hamburg.
„Claude Lanzmann bietet sich als williger Kampfgefährte an, mit dem nicht nur gegen Linke, sondern auch gegen Araber Stimmung gemacht werden kann.
Sein Engagement für eine rücksichtslose israelische Besatzungs- und Kriegspolitik passt perfekt in die ›antideutsche‹ Ideologie, in der es gilt, die westliche Welt gegen die ›barbarischen Muslime‹ zu verteidigen und linke und demokratische Kräfte als "Antisemiten" zu denunzieren.“
Quelle: http://die-rote-fahne.eu/headline686.html
Der Film wird u.a. deshalb aufgeführt, weil seine Vorführung im Rahmen einer Veranstaltung der Gruppe Kritikmaximierung Hamburg im Oktober vergangenen Jahres von Aktivisten aus dem Umfeld des internationalen Zentrums B5 verhindert wurde.
Den Aktivisten der B5 war es allerdings nicht um den Film gegangen - er wurde wenig später auch in der B5 gezeigt -, sondern darum, gegen die Veranstalter vorzugehen: die neokonservativ-„antideutsche“ Gruppe Kritikmaximierung Hamburg.
Die Aktion der B5, so die von den „Antideutschen“ später gestrickte und von der Presse aufgegriffene Legende, sei ein Akt „antisemitischer Filmzensur“ gewesen.
Das „Übel & Gefährlich“ beteiligt sich mit seiner Veranstaltung an dieser Lügenkampagne gegen das linke Zentrum B5 und ergreift somit Partei für die politischen Ansichten der damaligen Veranstalter: neokonservative „Antideutsche“, Kriegsverherrlicher, Rassisten.
Überraschend ist das indes nicht. Schon seit Jahren stellt der Club seine Räume bereitwillig „Antideutschen“ zur Verfügung. So fand dort im Oktober 2008 eine Diskussionsrunde unter dem Titel „Deutschland? - Nie wieder!“ mit Vertretern der autonom-„antideutschen“ Zeitschrift „Phase 2“ und „antideutschen“ Ultras von der Gruppe 8. Mai statt.
Während der Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 hatte diese Gruppe dafür geworben, nicht das Treffen der Staats- und Regierungschefs, sondern den Alternativgipfel der linken Globalisierungskritiker zu stören, weil „der Protest gegen die G8 keineswegs ursprünglich gut“ sei, sondern „Volkshuberei und Antisemitismus“.
„Antideutsch“ verkauften die Übel & Gefährlich-Betreiber damals als „treffliche Kritik an der Nation“ - eine unfassbare Verdrehung der Tatsachen, wenn man bedenkt, dass es auf „antideutschen“ Veranstaltungen immer wieder heisst, auch das schwarz-rot-goldene Banner sei auf ihren Demonstrationen willkommen, wenn nur die Bundeswehr ihre angebliche Zurückhaltung in Afghanistan ablege.
Die auf Lügen aufgebaute Internet-Kampagne „Es darf keine antisemitische Filmzensur in Hamburg geben!“ gegen die B5 hat der Club unterstützt, die Lieblingsband der „Antideutschen“, Egotronic - die schon dazu aufrief, Geld für die israelische Armee zu spenden -, ist im „Übel & Gefährlich“ gern gesehen.
Was als „linke, existenzialistische Discotheque der neuen Generation mit tightem Management und unübertreffbarem Musikgeschmack“ daherkommt (so charakterisiert Spex-Chefredakteur Max Dax, der am 18. Januar als Moderator auftritt, den Club), hat seinen Platz in den Reihen der neuen Rechten längst gefunden.
Claude Lanzmann und Teile seines Werks für die Politik dieser Szene zu rekrutieren, ist ein Leichtes. War er als Schüler noch in der Résistance aktiv, hat er sich heute von seiner linken Überzeugung abgewendet.
So unterschlägt er in Interviews über „Warum Israel“ - sein Debüt von 1973 - kurzerhand die Existenz des arabischen Fünftels der israelischen Bevölkerung, wenn er von seinem Erstaunen spricht, „das eintritt, wenn man realisiert, dass jeder in diesem Land jüdisch ist“.
Mit Lügen-Slogans wie „Israels Feinde machen keine Gefangenen“ wirbt er heute für ein nicht nur gedankliches Verschwinden der Palästinenser: Er zeichnet ein Bild von den Arabern als Barbaren, denen Gegenüber nichts gelte ausser der Logik des Krieges: „Töten, um nicht getötet zu werden.“
Beredtes Zeugnis seiner Ansichten legt Lanzmanns Film „Tsahal“ über die israelische Armee von 1994 ab. Nach „Shoah“, seinem zweiten und wohl wichtigstem Film über die Vernichtung der europäischen Juden, präsentiert Lanzmann hier die Illusion einer moralisch makellosen Armee und Panzer im Sonnenuntergang.
Israelische Kriegsdienstverweigerer und erschossene palästinensische Zivilisten sucht man vergeblich. „Shoah wird strukturiert von Aufnahmen fahrender Züge.
Doch diesmal ist aus der Fahrt in den Tod eine selbstbestimmte Bewegung in Panzern, Flugzeugen und Hubschraubern geworden“, schreibt die „antideutsche“ Zeitung „Jungle World“ begeistert über „Tsahal“.
Die Shoah wird zur Legitimation für einen Kult der militärischen Überlegenheit und eine völkerrechtswidrige Eroberungs- und Besatzungspolitik. Als der israelische Historiker Tom Segev über „Tsahal“ sagte, er habe einen Oscar für schlechten Geschmack verdient, war das noch untertrieben: Claude Lanzmann bedient eine Ideologie der entfesselten Brutalität im Namen „der Zivilisation“; eine Ideologie, in der „Antideutsche“ ihren Gewaltphantasien freien Lauf lassen können.
„Die Veranstaltung im Übel & Gefährlich muss als das benannt werden, was sie ist: Teil einer antilinken Kampagne, die sich hinter dem Vorwand, gegen Antisemitismus vorzugehen, versteckt“, erklärt die Kommunistische Assoziation Hamburg.
„Claude Lanzmann bietet sich als williger Kampfgefährte an, mit dem nicht nur gegen Linke, sondern auch gegen Araber Stimmung gemacht werden kann.
Sein Engagement für eine rücksichtslose israelische Besatzungs- und Kriegspolitik passt perfekt in die ›antideutsche‹ Ideologie, in der es gilt, die westliche Welt gegen die ›barbarischen Muslime‹ zu verteidigen und linke und demokratische Kräfte als "Antisemiten" zu denunzieren.“
Quelle: http://die-rote-fahne.eu/headline686.html
Stoppt die zionistische Querfront - Freiheit für Palästina
Berlin (drf) - Die Rote Fahne hat unter dem Titel „Stoppt die zionistische Querfront! - Freiheit für Palästina!“ ein neues Plakat herausgegeben, welches sich explizit mit dem zunehmenden Einfluss des Zionismus innerhalb der SED/PDS/Linke auseinander setzt.
Das Plakat kann als Druckversion (PDF DIN A4) herunter geladen und somit lokal gedruckt und weiter verbreitet werden.
Ebenso ist es möglich, das jpg-Bild in Online-Medien zu verwenden.
Während es Anfangs noch so aussah, als ob die Zionisten in der SED/PDS/Linke lediglich durch einige wenige Personen versuchten in „Nischen" Fuss zu fassen, verdichtet sich heute zunehmend das Bild, dass die SED/PDS/Linke als Gesamtpartei einen verhängnisvollen zionistischen und somit faschistischen Kurs einschlägt.
In 2008 hatte Frontmann Gregor Gysi auf einer Veranstaltung der so genannten „Rosa-Luxemburg-Stiftung“ zum Thema „60 Jahre Israel“ die neue Parole ausgegeben:
„Der Antizionismus kann für die Linke insgesamt, für die Partei DIE LINKE im Besonderen, keine vertretbare Position sein“.
Im Fahrwasser dieser Vorgabe operiert innerhalb der SED/PDS/Linke ein rechtsextremer Arbeitskreis „BAK Shalom“, welcher ganz offen Zionismus Propagiert und vor allem dadurch in Erscheinung tritt, dass er Antizionisten / Antifaschisten - in Kollaboration mit den Medien des imperialen NATO-Mainstream - als „Antisemiten“ zu diffamieren sucht.
Dabei geraten insbesondere jüdische Intellektuelle, in Deutschland wie international, ins Visier der Zionisten und ihrer pro-israelischen Propaganda.
Deutlich wird, dass hier organisiert und zielgerichtet versucht wird, eine Querfront zwischen Zionismus und der Partei SED/PDS/Linke, bis hinein in weitere linke Strukturen, zu etablieren.
Unsere Antwort als Sozialisten kann nur lauten:
Stoppt die zionistische Querfront - Freiheit für Palästina!
Faschismus, auch im Gewand des Zionismus, war nie und ist keine linke Position.
Quelle: http://die-rote-fahne.eu/headline5305.html
Das Plakat kann als Druckversion (PDF DIN A4) herunter geladen und somit lokal gedruckt und weiter verbreitet werden.
Ebenso ist es möglich, das jpg-Bild in Online-Medien zu verwenden.
Während es Anfangs noch so aussah, als ob die Zionisten in der SED/PDS/Linke lediglich durch einige wenige Personen versuchten in „Nischen" Fuss zu fassen, verdichtet sich heute zunehmend das Bild, dass die SED/PDS/Linke als Gesamtpartei einen verhängnisvollen zionistischen und somit faschistischen Kurs einschlägt.
In 2008 hatte Frontmann Gregor Gysi auf einer Veranstaltung der so genannten „Rosa-Luxemburg-Stiftung“ zum Thema „60 Jahre Israel“ die neue Parole ausgegeben:
„Der Antizionismus kann für die Linke insgesamt, für die Partei DIE LINKE im Besonderen, keine vertretbare Position sein“.
Im Fahrwasser dieser Vorgabe operiert innerhalb der SED/PDS/Linke ein rechtsextremer Arbeitskreis „BAK Shalom“, welcher ganz offen Zionismus Propagiert und vor allem dadurch in Erscheinung tritt, dass er Antizionisten / Antifaschisten - in Kollaboration mit den Medien des imperialen NATO-Mainstream - als „Antisemiten“ zu diffamieren sucht.
Dabei geraten insbesondere jüdische Intellektuelle, in Deutschland wie international, ins Visier der Zionisten und ihrer pro-israelischen Propaganda.
Deutlich wird, dass hier organisiert und zielgerichtet versucht wird, eine Querfront zwischen Zionismus und der Partei SED/PDS/Linke, bis hinein in weitere linke Strukturen, zu etablieren.
Unsere Antwort als Sozialisten kann nur lauten:
Stoppt die zionistische Querfront - Freiheit für Palästina!
Faschismus, auch im Gewand des Zionismus, war nie und ist keine linke Position.
Quelle: http://die-rote-fahne.eu/headline5305.html
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